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Sprunggelenkklinisch

siehe auch:

Minimalvariante der klinischen Untersuchung nach Trauma

Klinische Untersuchung des Sprunggelenks

Das Ziel der klinischen Untersuchung des verletzten bzw. erkrankten Sprunggelenks ist es, eine (Verdachts- bzw. Arbeits-) Diagnose zu stellen, die dann ggf. noch mittels technisch-apparativer Diagnostik objektiviert wird.

  • Erhebung der Anamnese
  • Inspektion
  • Palpation
  • Beweglichkeits- und Stabilitätsprüfung

Anamnese

Schmerzen, Instabilität,  Bewegungseinschränkung:

Warum stellt der Patient sich vor?

  • Unfallhergang?
  • Subjektive Beschwerden?
  • Bisherige Behandlung
  • evtl. Voroperationen
  • Einlagen
  • Spezielle Schuhe
  • Beruf
  • Sportart

Schmerzanamnese:

  • Beginn und Verlauf 
  • schmerzfreies Intervall
  • Intensität
  • Charakter
  • Ausstrahlung
  • Belastungsabhängigkeit (z.B. Instabilität, Arthrose),
  • begleitende Schwellung
  • Lokalisation.

Schmerzlokalisation

 diffus:   Schäden der Gelenkflächen (Arthrose)

chron. Schmerzen im vorderen Anteil des oberen Sprunggelenks: anteriores Impingement

chron. Schmerzen hinten im oberen Sprunggelenk hinter dem Innen- und Außenknöchel bei Plantarflexion deuten auf ein hinteres Impingement hin: z.B. schmerzhaftes Os trigonum

Schmerzen am Außenknöchel:

  • Außenbandverletzung,
  • Außenknöchelfraktur,
  • Erkrankungen der Peronealsehnen (Peronealsehnenluxation oder -subluxation, -ruptur)

Schmerzen am Innenknöchel:

  • Innenbandverletzung,
  • Innenknöchelfraktur,
  • Osteochondrosis dissecans 
  • Tarsaltunnelsyndrom,
  • Läsion der Tibialis posterior-Sehne

Bei Schäden des unteren Sprunggelenks ist die Anamnese eher vage, die Schmerzen werden meist unpräzise auf den Fußaußenrand projiziert.

Instabilitäten betreffen meistens den fibularen Bandapparat.  Instabil in Supination

Bei der chronischen Instabilität ist nach Häufigkeit, äußeren Umständen von Umknickereignissen, Schmerzen sowie Schwellneigung zu fragen. Die seltene, chronische Instabilität des unteren Sprunggelenks kann anamnestisch nicht von der Instabilität des oberen Sprunggelenks differenziert werden.

Bewegungseinschränkungen müssen eruiert werden, weil diese nicht nur bei Sportlern zu einer Funktionsminderung und Störung des Gangbildes führen („Welche Bewegungen sind nicht möglich?"):

Einschränkungen der Dorsalextension beeinträchtigen das Abrollen des Fußes, Einschränkungen der Plantarflexion besonders das Abstoßen. Bewegungseinschränkungen können nur kurz (z. B. Einklemmung eines freien Gelenkkörpers) oder permanent (z. B. Arthrose) anhalten. Bei einer Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk klagen die Patienten in der Regel nur über eine unscharf definierte Steifigkeit am gesamten Rückfuß (z.B. bei einem Fersenbeinbruch in der Vorgeschichte).

Nicht zuletzt muss die Erhebung der Anamnese deshalb auch relevante Vorerkrankungen (auch systemisch, z.B. Diabetes mellitus oder entzündlich) und Vorschäden bzw. alte Verletzungen und ggf. durchgeführte Operationen erfassen.

Inspektion

gesamtes Bein :  Achse, Muskelausprägung

- Sprunggelenk und Fuß bilden eine funktionelle Einheit: In die spezielle Inspektion des Sprunggelenks wird daher immer auch der Fuß einbezogen. z.B. Hallux valgus, Beschwielung der Fußsohle).

Gangbilds (sofern dies verletzungsbedingt möglich ist), z.B.

  • Entlastungshinken oder
  • vermindertes Abrollen auf Grund einer Bewegungseinschränkung

-  Betrachtung im Stand (sofern dies verletzungsbedingt möglich ist): Besteht eine Schonhaltung? Der Fersenauftritt und die Achse des Rückfußes werden überprüft. Normalerweise steht die Ferse in einer Eversion von ca. 7°, dies ist beispielsweise beim Knick-Plattfuß pathologisch verändert (Abb. 11). Betrachtung des Patienten beim Fersen- und Zehenstand sowie in der Hocke (siehe unter „Funktionsprüfung")

- Betrachtung der Sprunggelenke im Liegen, und zwar in Rückenlage und möglichst auch in Bauchlage:

  • Schwellung
  • Hämatom
  • Prellmarke

Achsenabweichung, Fehlstellung (Fraktur, Luxation)

Hautveränderungen, offene Wunde

Achillessehne

Palpation

  • im Seitenvergleich.
  • Überwärmung
  • Ödeme

Der vordere Spalt des oberen Sprunggelenks liegt direkt subkutan und kann auch bei adipösen Patienten meistens gut palpiert werden. Druckschmerz über dem vorderen Gelenkspalt bei maximaler Dorsalsextension kann auf ein Impingement hinweisen

Die Talusrolle ist in Plantarflexion gut zu tasten. Auf diese Weise kann beispielsweise ein freier Gelenkkörper bei einer Osteochondrosis dissecans bereits bei der klinischen Untersuchung vermutet werden

Der hintere Gelenkspalt ist von einer dickeren Gewebeschicht überzogen. Dennoch kann durch Palpation zwischen den Knöcheln und der Achillessehne der Processus posterior tali und damit auch der hintere Gelenkspalt erreicht werden, zumindest orientierend.

Palpation des Außenbandes: Der Bandursprung an der Außenknöchelspitze und die Ansätze der drei fibularen Bandanteile am Sprungbein und am Fersenbein werden auf Druckschmerzhaftigkeit untersucht

Palpation des Innenbandes

Palpation des vorderen Syndesmosenbandes zwischen Fibula und Tibia, etwa 1 cm proximal des vorderen Gelenkspalts

Die große, hintere Facette des Subtalargelenks ist unmittelbar unter der Außenknöchelspitze zu tasten.

Der Sinus tarsi liegt etwas ventral und distal zur Außenknöchelspitze (z.B. Sinus tarsi-Syndrom).

Der Tarsaltunnel hinter dem Innenknöchel wird auf Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit untersucht: Bei einem Tarsaltunnelsyndrom löst das Beklopfen des Nervus tibialis manchmal elektrisierende Missempfindungen aus (Hoffmann-Tinel-Zeichen).

Palpation der Basis des fünften Mittelfußknochens. Hier können beim Umknicktrauma Abrissfrakturen entstehen (cave Dislokation durch Zug der M. peroneus brevis-Sehne), die leicht übersehen werden, wenn nur das Sprunggelenk untersucht (und geröntgt) wird.

Grundsätzlich sollten auch die Pulse der Arteria tibialis posterior sowie der A. dorsalis pedis getastet werden

Auch die langen Sehnen müssen palpiert werden

Peronealsehnen: Prüfung unter Bewegung des Fußes, beispielsweise bei einer Peronealsehnenluxation oder Verdickung bei einer Tendovaginitis

Achillessehne: Verdickung z.B. bei der sog. Achillodynie (schmerzhafter Zangengriff) oder Delle (= Lücke, vergleiche Abb. 14) bei einer Ruptur. Bei einer Achillessehnenruptur ist der Thompson-Test positiv; normalerweise kommt es beim knieenden oder liegenden Patienten beim Zusammendrücken der Wadenmuskulatur zu einer Plantarflexion des Fußes im oberen Sprunggelenk, die beim Sehnenriss unterbleibt. Allerdings kann dieser Test bei Vorhandensein einer Plantarissehne falsch negativ ausfallen.

Tibialis anterior-Sehne: Eine Ruptur ist selten, wird aber gerade deshalb oft übersehen, weil nicht daran gedacht wird.

Tibialis posterior-Sehne hinter bzw. unter dem Innenknöchel: Schädigung z.B. beim massiven Rückfuß-Valgus (Knick-Plattfuß, vergleiche Abb. 11)

Bewegungs- und Funktionsprüfung

Bei der aktiven und passiven Bewegungsprüfung soll auf eine Krepitation (z.B. Arthrose, Fraktur), und ggf. auf Einklemmungen geachtet werden. Auch ein endgradiger Bewegungsschmerz, beispielsweise bei Dorsalextension oder bei Plantarflexion, wird registriert.

Die Beweglichkeit der Sprunggelenke variiert interindividuell.

- Am oberen Sprunggelenk liegt die Dorsalextension zwischen 40° und 60°. Bei Prüfung der Dorsalextension wird das Kniegelenk zunächst gestreckt und dann 90° gebeugt gehalten (Silverskjöld-Test), damit die Spannung der Achillessehne über den zweigelenkigen Musculus gastrocnemius nicht eine Bewegungseinschränkung vortäuscht.

- Die Plantarflexion im oberen Sprunggelenk variiert zwischen 50° und 80°.

- Insgesamt beträgt das normale Bewegungsausmaß für Dorsalextension/Plantarflexion etwa 45/0/60° nach der Neutral-Null-Methode.

Eversion und Inversion im unteren Sprunggelenk werden geprüft, in dem die Ferse gegen die fixierte Knöchelgabel nach innen und nach außen geführt wird. Zur Beurteilung der Beweglichkeit

des unteren Sprunggelenks ist die Angabe in Grad nicht sinnvoll: Die Beweglichkeit wird als Bruchteil der normalen Beweglichkeit auf der Gegenseite oder, bei beidseitiger Problematik, als Bruchteil eines allgemeinen Normalbefundes angegeben. Ebenso wie am oberen ist auch am unteren Sprunggelenk auf Bewegungsschmerzen zu achten.

Bei einer fibularen Bandinstabilität am oberen Sprunggelenk kann eine vermehrte Inversion am unteren Sprunggelenk vorgetäuscht werden. Dann fixiert der Untersucher das obere Sprunggelenk durch maximale Dorsalextension und vergewissert sich durch gleichzeitige Palpation des Talusdoms, dass der Talus nicht in der Knöchelgabel abkippt.

Wichtig: Das Bewegungsausmaß für Supination und Pronation am gesamten Fuß ist nicht identisch mit der Eversion/Inversion im unteren Sprunggelenk, da hier zusätzlich die Fußwurzelgelenke bewegt werden.

Bewegungseinschränkungen werden auch bei der Prüfung von Fersen- und Zehenstand offensichtlich:

- In der Endphase des Zehenstands schwenkt die Ferse im unteren Sprunggelenk in Inversion. Patienten mit einer eingeschränkten Dorsalextension im oberen Sprunggelenk sind nicht in der Lage, vollständig in die Hocke zu gehen.

- Bei einer Achillessehnenruptur gelingt der einseitige Zehenstand nicht (Single-heel-rise-Test); diese Untersuchung ist aussagekräftiger als der beidseitige Zehenstand, der in manchen Fällen noch möglich ist, oder der Thompson-Test (siehe oben).

Die Syndesmose kann mit dem Cotton-Test auf ihre Integrität geprüft werden. Der Patient sitzt mit 90° gebeugtem Kniegelenk. Die adominante Hand des Untersuchers fasst den Unterschenkel und fixiert diesen. Mit der dominanten Hand wird der Rückfuss ergriffen und in Neutralstellung gehalten. Nun wird der Rückfuss nach aussen gedreht. Schmerzen am anterolateralen OSG weisen auf eine Verletzung der Syndesmose hin.

Stabilitätstestung

- Eine Instabilität der Bänder am Innenknöchel ist eine Rarität.

- Instabilitätsprobleme beruhen mit Abstand am häufigsten auf einer Insuffizienz des fibularen Bandapparats.

- Im Rahmen der klinischen Stabilitätsprüfung kann der erfahrene Untersucher eine schmerz- oder angstbedingte Gegenspannung des Patienten bemerken und ausschließen. Diese Gegenspannung führt bei Patienten häufig zu falsch-negativen Ergebnissen (vor allem bei der früher häufiger durchgeführten apparativen Diagnostik mit gehaltenen Röntgenaufnahmen).

- Die fibulare Bandinstabilität wird mit der lateralen Aufklappbarkeit und dem Talusvorschub untersucht (Abb. 16).

o Bei der lateralen Aufklappbarkeit (lateraler Tilt) wird der Rückfuß gegen den fixierten Unterschenkel maximal nach innen gedrückt. Bei einer ausgeprägten Instabilität und ohne Weichteilschwellung, insbesondere bei chronischer Bandinsuffizienz, ist die Kippung des Talus in der Knöchelgabel bereits zu sehen. Ansonsten wird die Außenseite des vorderen Gelenkspalts getastet, wobei die vermehrte Öffnung zwischen Tibiavorderkante und Talusdom bemerkt wird.

o Die laterale Aufklappbarkeit ist bei der akuten Außenbandruptur oft schwer zu untersuchen, da die Sprunggelenke sehr geschwollen sind und die Patienten schmerzbedingt stark gegenspannen. Hier ist der Talusvorschub (ventraler Schubladentest) besser geeignet; dieses Untersuchungsmanöver ist in der Regel weniger schmerzhaft als die laterale Aufklappung. Da das Ligamentum fibulotalare anterius von der Außenknöchelspitze fast horizontal nach vorne verläuft, kann das Sprungbein bei der Ruptur des Bandes nach vorne verschoben werden und rotiert um seine Bandbefestigung am Innenknöchel. Daher wird für den Talusvorschub auch der Begriff „anterolaterale Rotationsschublade" verwendet.

Zur klinischen Prüfung wird die Ferse gegen den fixierten Unterschenkel nach vorne gedrückt. Die vermehrte Verschieblichkeit des Talus kann bereits an der Ferse getastet werden. Wenn keine starke Schwellung vorliegt, ist die Verschiebung auch an der Außenseite des vorderen Gelenkspalts sichtbar und zu tasten.

- Klinisch weniger gut zu erfassen ist die seltene Instabilität des unteren Sprunggelenks: Sie betrifft nur die lateralen Bandstrukturen und ist von der Außenbandinsuffizienz des oberen Sprunggelenks durch manuelle Funktionsprüfung nicht immer sicher abzugrenzen. Bei klinischem Verdacht wird das obere Sprunggelenk bis über die Neutralstellung dorsal extendiert, um den Talus in der Knöchelgabel zu fixieren. Gleichzeitig wird mit dem Finger über der Außenseite des vorderen Gelenkspalts getastet, um auszuschließen, dass der Talus nach medial kippt. Ist dann die Inversion des Rückfußes im Vergleich zur normalen Gegenseite oder zum allgemeinen, normalen Bewegungsbefund vermehrt, ist von einer lateralen Instabilität des unteren Sprunggelenks auszugehen.